Kindergesundheitsbericht: Deutschland verletzt Kinderrechte

Quelle : Stiftung Kinder GesundHeit

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  • Gesundheitsbericht für Kinder 2022
  • Der Bericht

Berlin, 20. September 2022, Weltkindertag – Die Stiftung Kindergesundheit zieht in ihrem ersten Bericht zur Kindergesundheit ein gemischtes Bild von der körperlichen und seelischen Gesundheit von Kindern in Deutschland. Besonders besorgniserregend ist der nach wie vor starke Einfluss des sozialen Umfelds auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Der Klimawandel wird zu einer wachsenden Bedrohung.

„Jeden Tag wird in Deutschland die Kinderrechtskonvention verletzt. Die Priorität des Kindeswohls, die dort dokumentiert ist, wird zu oft ignoriert“, sagt der Münchner Kinderarzt und Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Prof. Berthold Koletzko. Das zeigt der vorgelegte Bericht, zum Teil mit erschütternder Deutlichkeit. Trotz generell guter gesundheitlicher Chancen bleibt vielen Kindern in Deutschland das in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte „maximal erreichbare Gesundheitsniveau“ verwehrt – aufgrund vermeidbarer struktureller Defizite.

  • Der Kindergesundheitsreport 2022 deckt ein breites Spektrum an Themen rund um die Gesundheit von Jugendlichen in Deutschland ab. Sie reicht von der Wahrnehmung von Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen über den Einfluss sozioökonomischer Faktoren bis hin zu den Einflüssen im Zusammenhang mit der Pandemie und dem Klima auf ihre körperliche und geistige Gesundheit. Darüber hinaus befasst sich der Bericht auch mit allgemeinen Fragen der Systemstruktur und Problemen der kinderärztlichen Versorgung in Deutschland.
  • In allen Bereichen, die im Bericht über die Gesundheit von Kindern untersucht werden, besteht erheblicher Verbesserungsbedarf. „Klimawandel, Pandemie, Krieg in Europa – Kinder und Jugendliche wachsen in einer Zeit vielfältiger Krisen auf. Das hat enorme Auswirkungen auf ihre Gesundheit“, sagt Koletzko. Die letzten Jahre der Pandemie haben Kindern und Jugendlichen viel abverlangt. Es hat sich gezeigt, dass das Wohlergehen der jungen Generation in unserer Gesellschaft keine Priorität hat. „Kinder haben ein Recht auf Gesundheit. Das Thema Kindergesundheit muss daher als ganzheitliche gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Sie muss eine zentrale Rolle in allen politischen Entscheidungsprozessen spielen. Mit diesem Bericht wollen wir eine konkrete Debatte anstoßen“, sagt Koletzko. Unterstützer und Mitherausgeber des Kindergesundheitsreports 2022 sind die Stiftung „Die Gesundarbeiter“, die Krankenkasse vivida bkk, die MSD Sharp & Dohme GmbH und die Novartis Pharma GmbH.

Gesundheitsbericht für Kinder 2022

  • Pädiatrie : Die finanzielle und personelle Situation der Kinderkliniken und -dienste in Deutschland ist in vielen Bereichen prekär. Das deutsche DRG-Pauschalsystem für die Krankenhausvergütung spiegelt den gestiegenen Personalkosten für die Kinder- und Jugendbetreuung und die hohen Vorlaufkosten der Kinderheilkunde nicht wider. Eine kindgerechte medizinische Versorgung kann vielerorts kaum gewährleistet werden.
  • Klimawandel : Klimabedingte Krankheiten werden in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Umweltfaktoren und der Klimawandel führen unter anderem zu einer deutlichen Zunahme von vektorübertragenen Krankheiten, Infektionskrankheiten sowie wetterbedingten psychischen und allergischen Erkrankungen.
  • Sozioökonomische Ungleichheit : Der sozioökonomische Status der Eltern beeinflusst das physische und psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen. Die Auswertungen des Berichts zeigen, dass der Einfluss der sozialen Herkunft in den letzten zehn Jahren einen konstanten und starken Einfluss auf die Gesundheit von Kindern hatte, ohne dass sich signifikante Verbesserungen gezeigt haben. Die sozioökonomischen Ungleichheiten haben in Bezug auf die Essgewohnheiten und das Risiko von Fettleibigkeit weiter zugenommen.
  • Psychische Gesundheit : Das Stressniveau von Teenagern ist auch Jahre nach Beginn der Pandemie immer noch auf einem hohen Niveau. Depressive Schübe und Angststörungen traten deutlich häufiger auf als vor der Corona-Zeit.
  • Versorgung : Im Bereich der chronischen und seltenen Erkrankungen gibt es in Deutschland eine deutliche Fragmentierung des Versorgungsangebots, schlechte Qualität und eine allgemeine Unterversorgung. In vielen Fällen kann das Gesundheitssystem die Bedürfnisse der Betroffenen nicht erfüllen.
  • Screening: Das deutsche System der Vorsorgeuntersuchungen funktioniert gut und hat auch während der Pandemie wenig Schwächen gezeigt. Optimierungspotenzial gibt es jedoch im Bereich der Jugendprüfungen (D1 und D2).
  • Immunisierung : Wenn es um Impfungen für Kinder und Jugendliche geht, gibt es bei einigen durch Impfung vermeidbaren Infektionskrankheiten große Impflücken. Besonders unbefriedigend sind die Impfquoten junger Menschen gegen humane Papillomviren (HPV).
  • Ernährung und Bewegung : Viele Kinder und Jugendliche haben nach wie vor schlechte Essgewohnheiten und starken Bewegungsmangel. Die Zeit, die mit digitalen Medien verbracht wird, nimmt zu, während schlechte Essgewohnheiten an der Tagesordnung sind. Der Konsum von Fleisch, Zucker, zuckerhaltigen Getränken und Fast Food ist deutlich zu hoch. Auch die Qualität des Essens in Schulen und Kindergärten ist oft schlecht und entspricht nicht den Bedürfnissen der jüngeren Generation.

Der Bericht

  • Der “ Children’s Health Report “ fasst die wichtigsten Daten aus verschiedenen Studien der letzten Jahre zusammen. Es soll als zentrale Informationsbasis für die notwendige Diskussion über die Gesundheitspolitik und als Orientierungshilfe für Entscheidungsträger dienen.
  • Neben der wissenschaftlichen Datenerhebung zielt der Bericht darauf ab, anhand einer Reihe von Maßnahmenvorschlägen konkret Lösungsansätze aufzuzeigen. Jedes Kapitel enthält Handlungsempfehlungen. Weitere Editionen sind geplant.